Page 3 - GA 121
P. 3

Start in den neuen Tag Morgengebete im Evangelischen Gesangbuch
Ein Gebet von Martin Luther (1483–1546)
Gebete können helfen, den Tag zuversichtlich zu be- ginnen. Ein Rat aus alter Zeit ruft sich uns ins Gedächt- nis, wenn wir das Gesangbuch unter der Nummer 841 aufschlagen. Dort ergreift Martin Luther das Wort und eröffnet den Tag auf seine ihm ganz eigene Weise: »Des Morgens, wenn du aufstehst, kannst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes...«.
Was noch? Martin Luther schlägt ein Gebet vor: »Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist! Amen«.
Wer mehr Zeit und Kraft hat zu früher Morgenstunde, der kann dann auch weiter beten und zu einer regelrech- ten Andacht ausholen: Erstmal das Glaubensbekenntnis. Dann das Vaterunser. Alles gerne auch kniend. Und dann ein Dankgebet: »Ich danke dir, mein himmlischer Vater...« Und dann ruft Luther uns noch fröhlich zu: »Alsdann
mit Freuden an dein Werk gegangen und etwa ein Lied gesungen oder was dir deine Andacht eingibt.«
Ganz schön anspruchsvoll für heutige Verhältnisse, nicht wahr?
Ein Gebet von Dietrich Bonhoeffer (1906–1945)
Ein anderer berühmter Mann verrichtete sein Morgen- gebet unter schrecklichen Umständen – hinter Gittern nämlich, und den Tod vor Augen. Dietrich Bonhoeffers Gefängnismorgengebet folgt unmittelbar der Morgen- andacht von Martin Luther. Bewegend sind da besonders diese Worte des von den Nationalsozialisten einge- sperrten und schließlich ermordeten Häftlings: »Hilf
mir beten«, so ruft er Gott zu. »Ich kann es nicht allein. In mir ist es finster. Ich bin einsam. Ich bin kleinmütig.
Ich bin unruhig. In mir ist Bitterkeit. Ich verstehe deine Wege nicht.« Das ist erschütternd und ergreifend. Aber nicht minder berührend sind dann auch diese so hoff- nungsfrohen, frühmorgendlichen Gebetsworte Bonhoef- fers: »Du wirst mir nicht mehr auferlegen, als ich tragen kann. Was dieser Tag auch bringt, dein Name sei gelobt!« Beeindruckend, nicht wahr?
Gebete, die helfen den Tag zu beginnen
Bei Martin Luther ebenso wie bei Dietrich Bonhoeffer ging es um Fragen wie diese: Wie wird dieser Tag wer- den? Was kann ich tun, um alles, was auf mich zukommt, gut zu bewältigen und durchzustehen? Welche Freuden erwarten mich? Welches Leid? Welche Ängste fühle ich in mir? Was beunruhigt mich? Und wofür bin ich dank- bar?
Neben den Gebeten von Luther und Bonhoeffer gibt es noch weitere im Gesangbuch – allesamt unter der Num- mer 841 –, zum Beispiel Dankgebete für die vergangene Nacht: »Ich danke dir für die Ruhe der Nacht«, oder: Ich danke dir, »dass du mich diese Nacht vor allem Schaden und Gefahr behütet hast.«
Und ebenso kommt der neue Tag in den Blick: »Ich freue mich auf den Tag. Ich lebe gern«, heisst es einmal, und ein anderes Mal: Gib, »dass dieser Tag nicht verloren ist«, oder auch: »Ich bitte dich für alle, die diesen Tag mit Sorge beginnen, mit Angst oder Schmerzen.«
Ja, so ist es: »Der Anfang eines neues Tages fällt manch- mal leicht. Manchmal sind die Glieder bleiern schwer, und es fehlt an Mut für den Start in den Morgen. Gebete können helfen, den Tag zuversichtlich zu beginnen.«
Rainer Schulz
 Leutershausen
3
















































































   1   2   3   4   5