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 „Nach dem der – wie hat der geheißen .... ermordet wurde. Warum war die Kristallnacht? Ein deutscher Diplomat ist von einem Juden in Frankreich ermor- det worden, ich hab’s vergessen. ... Die Juden muss- ten doch abgeben, alles Gold, 10 % von ihrem Ver- mögen. Mein Vater wollte nichts abgeben. Er ist zu Loos gegangen und hat gesagt: ‚Fritz, hier hast du das! Wenn ich nicht mehr zurückkomme, dann geb’s meiner Ilse.‘ Er hat auch Goldstücke und Schmuck gehabt. Ich wusste das nicht, denn damals war ich ja schon hier [in Israel]. Bin ja 1939 gekommen. Und eines Tages bekomme ich einen Brief von Loos. Er hätte Schmuck von meinen Eltern und er würde mir das gerne geben. Das ist doch sehr nett. Das war dann nach dem Krieg. Und zufällig ist eine Bekannte von mir nach Deutschland gefahren, wir konnten uns damals noch nicht erlauben nach Deutschland zu fahren, und hat mir den Schmuck und die gol- dene Uhr meiner Mutter mitgebracht. Ich hab mich bedankt.“
Ilse Unger und die Cousine Zipora Jochsberger sind die einzigen Überlebenden ihrer Familien. Ignaz und Paula Jochsberger mit dem Sohn Otto sind in einem Konzentrationslager in der Nähe von Riga umgekom-
men. Nathan und Sofie Jochsberger sind in Ausch- witz ermordet worden. Ein Satz von Frau Unger war sehr berührend: „Wenn ich manchmal an meinen Vater denke, das ist schwer.“
Die Familien Jochsberger-Unger lehnen es ab, in Gedenken an ihre ermordeten Verwandten „Stol- persteine“ verlegen zu lassen. Auf die Frage an Frau Unger, was sie sich unter einer würdigen Erinnerung vorstellt? „Etwas auf Augenhöhe, nicht dass man darauf trampeln kann. Wissen Sie, es wird so viel zerstört, mit Farbe angeschmiert.“
Gedenktafeln der Familien Jochsberger in Yad Vashem, (Holocaust-Gedenkstätte), Jerusalem
Ja, die Kindheit von Ilse Unger war wunderbar, wie bei allen Kindern in Leutershausen - bis die Nazis kamen und mit Schikanen, Gewalt und Zerstörung gegen die jüdischen Mitbürger vorgegangen sind und auch vor schutzlosen Kindern keinen Halt gemacht haben.

 Im Oktober/November 2017 und im Juli 2018 gab es insgesamt vier Begegnungen mit Frau Unger, ihren Töchtern und ihrem Schwiegersohn in Israel. Dekan Rainer Horn gab die Anregung zu den Be- suchen. Die Interviews wurden von Manfred Mohr und Ilse Schoell-Mohr geführt.
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Leutershausen

























































































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